Erinnerungswege
Jüdisches Leben in Jebenhausen
Jebenhausen besaß in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine der größten jüdischen Gemeinden im Königreich Württemberg. Mit dem Bau der Siedlung wurde 1777 begonnen, um 1830 war sie weitgehend fertiggestellt. Die Häuser wurden entlang des nördlichen Teils der heutigen Boller Straße und am Vorderen und Hinteren Berg errichtet. Die jüdische Gemeinde verfügte über wichtige Gemeindeeinrichtungen wie Synagoge, Schule, Rabbinat und Friedhof. Der Friedhof ist heute das eindrücklichste Zeugnis der jüdischen Vergangenheit. Im ehemals jüdischen Ortsteil sind aber auch noch die einstigen Gaststätten, das gemeinschaftliche Wohnhaus für arme jüdische Familien sowie die Villa des in Jebenhausen 1820 geborenen Opernstars Heinrich Sontheim vorhanden. Diese und weitere Stellen, an denen jüdisches Leben und christlich-jüdisches Zusammenleben in Jebenhausen stattgefunden haben, sind mit Tafeln im öffentlichen Raum markiert.
Der Weg beginnt am Liebensteiner Schloss, führt vorbei am jüdischen Museum in der alten Dorfkirche, dann in die Bollerstraße zur Stelle der Synagoge, des Armenhauses, der Schule und den charakteristischen Händlerhäuser, nach der Villa Wieseneck über den Vorderen Berg vorbei am Haus der Familie Lauchheimer bis zum Ende am Jüdischen Friedhof. Tauchen Sie ein in ein ungewöhnliches schwäbisches Dorfleben im 19.Jahrhundert!
Die neun Stationen
Der Erinnerungsweg entstand auf die Initiative des Vereins Haus Lauchheimer – Erhalt und Förderung des jüdischen Kulturerbes Jebenhausen.
Das Liebenstein'sche Schloss

Bis 1806 gehört Jebenhausen nicht zu Württemberg. Es ist Reichsritterort und befindet sich im Besitz der Freiherren von Liebenstein. Sie sind als reichsunmittelbare Ritter nur dem Kaiser verpflichtet. Im Jahr 1777 wird hier im Liebenstein’schen Schloss ein Vertrag geschlossen, der das Dorf entscheidend prägen wird: Auf Antrag von Elias Gutmann und Abraham Sandel Lauchheimer stellt Freiherr Philipp Friedrich von Liebenstein 20 jüdischen Familien einen Schutzbrief aus. Beide Seiten erhoffen sich dadurch entscheidende Vorteile.
Das Jüdische Museum

Im 19. Jahrhundert hatte Jebenhausen (seit 1939 Stadtbezirk von Göppingen) eine der größten jüdischen Gemeinden Württembergs. Die Ausstellung handelt von der Geschichte der Juden in Jebenhausen und Göppingen. Diese begann 1777 mit der Ausstellung eines Schutzbriefs für jüdische Familien durch die Ortsherrschaft der Herren von Liebenstein. Weitere Informationen zum Jüdischen Museum finden Sie hier.
Handel, Gewerbe, Schule
Ein Teil der Weberei von Abraham Gutmann in der Göppinger Bahnhofstraße, ging später an seinen Schwiegersohn Heinrich Frankfurter und dessen Brüder über. Es entstand die Buntweberei Gebr. Frankfurter. Das Unternehmen musste im Nazi-Regime unter Druck an NS-Leute verkauft werden, Sigmund Frankfurter (geb. 1866, Heinrichs Sohn)und seine Frau Hedwig wurden im KZ ermordet.
Die Synagoge
Toralesung von Arnold Kuppler aus dem Jahr 2017 im MP3-Format:
Armenhaus und Mikwe
Tahara, rituelle Reinheit, und Tumah, rituelle Unreinheit, sind wichtige Konzepte im Judentum. Die Tora verlangt in bestimmten Situationen die Wiederherstellung physischer und psychischer Unversehrtheit, eine Beschreibung, mit dem Tahara vielleicht besser erklärt werden kann als mit dem Begriff Reinheit, der im Deutschen so sehr an körperliche Sauberkeit geknüpft ist und den Begriff stark einengt. Weitere Informationen finden Sie hier.
Villa Wieseneck
Eine Villa im Dorf? Erbauen ließ sie der Opernsänger Heinrich Sontheim (* 1820 in Jebenhausen, † 1912 in Stuttgart), der wohl berühmteste Sohn Jebenhausens. Unweit von hier am Vorderen Judenberg stand sein Elternhaus. Schon im Kindesalter wird sein Gesangstalent entdeckt.
Der spätere Eigentümer der Villa Wieseneck, Pfarrer Christoph Blumhardt (1842–1919) und die Diakonisse Anna von Sprewitz (1847–1923) gründen 1913 die „Stiftung Kinderheim Wieseneck“, die bis heute besteht. So erhält Jebenhausen seinen ersten Kindergarten, der neben der Villa erbaut wird. Die Gemeinde verleiht den Wohltätern die Ehrenbürgerwürde.
Koscherliste
Die jüdischen Speisegesetze sind traditionelle religionsgesetzliche Vorschriften für die Zubereitung und den Genuss von Speisen und Getränken. Nach diesen Vorschriften werden Lebensmittel in solche eingeteilt, die für den Verzehr erlaubt und Lebensmittel, die für den Verzehr nicht erlaubt sind. Der heutige Umgang von Juden mit der Kaschrut ist sehr unterschiedlich und umfasst ein Spektrum von striktester Einhaltung durch orthodoxe Juden bis hin zu völliger Nichtbeachtung durch säkulare Juden. Eine Koscherliste der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland finden Sie hier.
Haus Lauchheimer
Ein Interview von Christine Lipp-Wahl mit Inge Auerbacher im MP3-Format, das 2014 in New York entstand: