Der Umgang mit Straßennamen

Straßennamen haben neben einer Orientierungsfunktion auch eine Erinnerungs- und Repräsentationsfunktion. Dabei werden manche Namensgebungen heute anders bewertet als zum Zeitpunkt der Benennung. Für die Göppinger Straßennamen wurde deshalb eine Dokumentation erstellt, die genau dies beleuchtet. Zwei Namen werden darin kritisch bewertet: Hindenburg und Porsche. Zudem wurden Richtlinien zur Benennung von Straßen und Plätzen beschlossen.

In Göppingen gibt es aktuell 693 mit Namen versehene Straßen, Wege und Plätze. Im Gemeinderat stellte der frühere Göppinger Stadtarchivar Dr. Karl-Heinz Rueß nun die von ihm erarbeitete Dokumentation "Die Göppinger Straßennamen" vor. Darin wird die Bedeutung der Namen aber auch der Grund und der Zeitpunkt der Benennung dargestellt. Denn auf ein Straßenschild kommt, was zum Zeitpunkt der Benennung für wichtig gehalten und von der Mehrheit der Gesellschaft als richtig und angemessen angesehen wird. Mit der Zeit kann das Wissen über die auf den Straßenschildern „verewigten“ Personen, Orte und Ereignisse jedoch verblassen oder auch völlig anders bewertet werden als zum Zeitpunkt der Benennung. Denn auch Geschichtsbilder unterliegen einem Wandel.

Bei der Dokumentation wurde auf folgende Kriterien geachtet, die die Bezeichnung einer Straße in Frage stellen können oder zumindest diskussionswürdig machen:

  1. Kolonialgeschichtliche oder militaristische Bezüge, Verbrechen in der Kolonialzeit
  2. Antisemitismus, Rassismus, NS-Rassenpolitik
  3. Benennungen im Sinne der NS-Ideologie und in der NS-Zeit mit Prüfung, ob diese Straßennamen noch bestehen
  4. Benennung nach Personen, die den Nationalsozialismus aktiv förderten bzw. persönliche Vorteile in diesem Kontext erlangten

Aus Sicht des Verfassers wäre demnach die Beibehaltung von zwei Straßennamen kritisch zu hinterfragen: die Hindenburgstraße und die Porschestraße,  jeweils in Faurndau. Die Hindenburgstraße (41 Anwohner in 13 Gebäuden) wurde vom Faurndauer Gemeinderat im Jahr 1930 benannt. Die Porschestraße (9 Anwohner in 3 Gebäuden) wurde 1976 benannt, um das Problem der doppelt vorkommenden Maybachstraße nach der 1975 erfolgten Eingemeindung Faurndaus zu lösen.

Hindenburgstraße - Die Ehrung galt dem Mythen umrankten Weltkriegsgeneral und 1925 ins Amt gekommenen Reichspräsidenten. Heute muss aber die Rolle Hindenburgs bei der Etablierung und Festigung der NS-Herrschaft in den Jahren 1932 bis 1934 mit Berücksichtigt werden. Der frühere Hindenburgplatz in Faurndau wurde deshalb 1945 in Schillerplatz und 1976 in Hirschplatz umbenannt. In Göppingen war die Erzbergerstraße bis 1945 nach Hindenburg benannt. Warum die Straße nicht auch schon 1945 umbenannt wurde ist nicht bekannt.

Die Porschestraße wurde 1976 benannt. Zur Zeit der Benennung lagen noch keine grundlegenden wissenschaftlichen Studien über Ferdinand Porsche und seine Rolle in der NS-Zeit vor. Diese machen aber deutlich, dass Ferdinand Porsche stark mit dem NS-Regime verstrickt war und als Unternehmer aus dieser Nähe erheblichen Nutzen zog.

Richtlinien Straßenbenennung

In den nun verabschiedeten „Richtlinien der Stadt Göppingen für die Benennung und Umbenennung von Straßen, Wegen und Plätzen“ heißt es nun „Grundsätzlich sind Straßennamen auf Dauer angelegt. Die Änderung vorhandener Straßennamen ist ein Ausnahmefall, dessen Umsetzung besonderer Gründe bedarf und der darüber hinaus zu vermeiden ist, da in den meisten Fällen eine Umbenennung für die betroffenen Anwohner eine Belastung darstellt. Zur Vermeidung von Umbenennungen kann in Ausnahmefällen eine Hinweistafel mit ergänzenden Erläuterungen unter dem Straßennamenschild angebracht werden.“ Auch im Gemeinderat war der Grundtenor der Diskussion, dass eine Zusatzinformation zum Straßennahmen einer Umbenennung vorgezogen werden sollte. Was dies konkret für die Hindenburg- und der Porschestraße bedeutet, soll erst zu einem späteren Zeitpunkt unter Einbindung der Betroffenen diskutiert werden.

Geregelt ist in den Richtlinien auch eine einheitliche Grundlage für zukünftige Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen. Grundsätzlich gilt:

  • Die Benennung von Straßen nach Personen stellt eine besondere Würdigung von deren Lebensleistung auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Gebieten dar. Eine Benennung nach Persönlichkeiten erfolgt grundsätzlich und in angemessener Frist nach dem Ableben des Namensgebers. Die historische Bewertung der Persönlichkeit soll abgeklärt sein.
  • Eine Benennung ist insbesondere nach Repräsentanten des Nationalsozialismus und anderer Unrechtssysteme, nach Diktatoren, Kriegshelden sowie nach Personen, deren Ziele und Wertvorstellungen in Widerspruch zu den Menschenrechten, zu unserer Verfassung oder unserer Rechtsordnung stehen, ausgeschlossen.
  • Bei der Auswahl von Persönlichkeiten ist auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Frauen und Männern zu achten. Angesichts der vorhandenen Differenz sind bevorzugt Straßen nach Frauen zu benennen.

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